"Metal matters - Heavy Metal als Kultur und Welt"

Die interdisziplinäre Tagung am 3. bis 5. Juni 2010 an der HBK Braunschweig, organisiert von Rolf F. Nohr und Herbert Schwaab

Anfang Juni 2010 hat die Tagung "Metal matters - Heavy Metal als Kultur und Welt" in Braunschweig versucht, eine Leerstelle der Kultur- und Medienwissenschaft mit auszufüllen und die Komplexität des Phänomens Metal herauszustellen. Dieser Blog bündelt die Perspektiven der Konferenz und versucht den dort interdisziplinär zusammengeführten Strom aus Ideen, Projekten und Perspektiven vorläufig fortzuführen.

Dienstag, 17. August 2010

Black Sabbath, ein Klassiker im Spiegel der zeitgenössischen Kritik

Irgendetwas scheint die großen Kritiker der Rockmusik am Heavy Metal gestört zu haben. Das wird deutlich, wenn man sich deren Reaktionen auf die ersten Alben von Black Sabbath ansieht, mit denen das Genre begründet wurde. So schreibt Robert Christgau, der Dean der Rockkritik, in der Village Voice zum Debütalbum der Band:
"The worst of the counterculture on a plastic platter--bullshit necromancy, drug-impaired reaction time, long solos, everything. They claim to oppose war, but if I don't believe in loving my enemies I don't believe in loving my allies either, and I've been worried something like this was going to happen since the first time I saw a numerology column in an underground newspaper." Die Platte selbst wird dementsprechend mit der Note C- bewertet, wobei Robert Christgau's Record Guide, eine Sammlung seiner in den 1970er Jahren veröffentlichten Kritiken, sogar als Originalnote E ausweist - eine Note, die in den 3000 Kritiken des Bandes nicht vielmehr als 10 mal vergeben wurde. Immerhin hat Christgau im Laufe der Jahre das Album um mehr als eine Note aufgewertet. Auch die deutsche Zeitschrift Sounds kann mit dem 1970 veröffentlichten Debüt-Album sehr wenig anfangen. So schreibt dort Rainer Blome:
"Eine von den vielen bösen englischen Gruppen, die eine Menge unverdauten harten Blues und schwere, tausendmal gehörte Gitarrenriffs in den Raum schmeisen, um Teenager zum Schwitzen zu bringen. Das ist Black Sabbath. In der Richtung, die Black Sabbath einschlägt, ist so gut wie alles gesagt worden. Da kann nur wiederholt werden, was andere schon längst wiederholt haben. Ossie Osborne (steht dort so geschrieben, Anm. des Verf.), ein Sänger ohne Kompetenz und Format, möchte gerne Robert Plant und Mick Jagger gleichzeitig sein. Er, wie auch die übrigen Mitglieder von Black Sabbath, haben an Originalität nichts, an Plagiaten aber alles zu bieten. Solche Platten gehören in die Diskotheken, wo es auf musikalisch-ästhetische Werte ohnehin nicht ankommt."
Es stellt sich hier die Frage, warum die frühen Kritiker so große Probleme mit dem Metal hatten. Bei Robert Christgau bietet seine Kritik zum zweiten Album Paranoid eine mögliche Antwort an:
"They do take heavy to undreamt-of extremes, and I suppose I could enjoy them as camp, like a horror movie--the title cut is definitely screamworthy. After all, their audience can't take that Lucifer bit seriously, right? Well, depends on what you mean by serious. Personally, I've always suspected that horror movies catharsized stuff I was too rational to care about in the first place." Auch wenn dieses Album ebenfalls mit C- bewertet wird, ist seine Kritik etwas ambivalenter und weniger eindeutig schlecht, verbunden mit einer möglichen Andeutung von Ironie (camp und horror), die das Album für ihn erträglich machen würde. Letztendlich fehlt aber Black Sabbath für einen Kritiker wie Christgau eine eindeutig identifizierbare Ironie und Distanz, er unterstellt ihnen wie viele andere unausgesprochen mangelnde Reflexion auf die Rockgeschichte. Aus diesem Grund sollte Christgau dann zu einem großen Freund des amerikanischen Punk werden und den Ramones regelmäßig A-Noten verteilen, auch wenn vom Abstraktionsgrad und der Einfachheit sich die Ramones und Black Sabbath (die von den Ramones bewundert wurden) ähnlich sind. Auch die Sounds-Kritik zu Paranoid ist etwas wohlwollender, begründet mit dem Nachweis, dass die Musiker etwas besser geworden seien und das Album etwas weniger Plagiate enthalte als die erste Platte.
Hier wäre es interessant zu diskutieren, ob fehlende Ironie oder fehlende 'Selbstreflexivität' zu dem frühen Klischee der geistlosen und stumpfen Heavy Metal Musik geführt hat, wodurch die überaus innovativen Aspekte von Black Sabbath übersehen wurden, und woher eigentlich, so früh in der Rockgeschichte, als es noch nicht so viel Rockmusik gab, der Eindruck stammt, Black Sabbath wären Plagiatoren, oder besser, wen sollen Black Sabbath plagiiert haben, oder woher kommen die Bands, die imitiert wurden, wer sind eigentlich die vielen bösen englischen Gruppen, von denen die Soundskritik spricht? Um weitere Antworten wird gebeten.

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